Hasen

Hasen
Hasen
 
[althochdeutsch haso, eigentlich »der Graue«], Leporidae, Familie der Hasentiere; fast weltweit verbreitet, in Australien und Neuseeland durch Menschen eingeführt. Hasen sind überwiegend nachtaktiv und fressen Pflanzen. Die Hasen umfassen Echte Hasen (Gattung Lepus) und Kaninchen. Die Echten Hasen bewohnen Kultursteppen und lichte Wälder. Sie sind schnelle »Läufer« mit stark verlängerten Hinterbeinen (im Fluchtlauf sollen sie bis 80 km/h erreichen), ihre Neugeborenen sind behaart und haben offene Augen (Nestflüchter).
 
In Europa kommen zwei Arten vor: der Feldhase (Lepus europaeus), eine Art, die wahrscheinlich der afrikanischen Fauna entstammt, dort in vielen Unterarten bis zum Kap verbreitet ist und von der Iberischen Halbinsel aus die Steppen und andere offene Landschaften Eurasiens besiedelte; insofern Kulturfolger des den Wald zurückdrängenden Menschen. Die moderne Landwirtschaft mit Monokulturen und Giftanwendung hat in jüngster Zeit zu drastischen Rückgängen vieler Populationen geführt. - Der Feldhase hat eine Körperlänge von 40 bis 70 cm, der Schwanz ist bis 10 cm lang. Das Fell ist graugelb bis braun, die Bauchseite weißlich, Schwanzoberseite und Spitze der langen Ohren sind schwarz. Die Häsin (Setz- oder Satzhase) wirft zwei- bis viermal im Jahr in einer flachen Mulde (Sasse) 2-5 Junge nach 43 Tagen Tragzeit. Der männliche Hase heißt Rammler. Der Feldhase drückt sich bei Gefahr nieder, verhält sich ruhig, beobachtet scharf; dies wurde als Schlafen (mit »offenen Augen«) gedeutet.
 
Die zweite in Europa vorkommende Art ist der Schneehase (Polarhase, Lepus timidus); Körperlänge etwa 45-70 cm, Schwanz 4-8 cm lang; die Ohren sind relativ kurz. Angepasst an kühlere Klimate, besiedelt er auch Hochlagen (Alpen, wo er zum Teil geschützt ist) und nordische Gebiete (Tundra), wechselt hier sein im Sommer braunes Fell mit dem weißen Winterkleid. In Irland, wo der Feldhase fehlt, ist der Schneehase weit verbreitet, behält hier, in den gemäßigten Lagen, jedoch immer ein braunes Haarkleid. - Im gemäßigten Nordamerika gibt es die besonders großohrigen Eselhasen.
 
Die Felle von Polar- oder Schneehasen werden als Pelze verwendet; die Felle von Feldhasen dienen zur Herstellung guter Haarfilze.
 
 
Hasenknochen in Mahlzeitresten lassen sich bereits in den ältesten Schichten Trojas nachweisen. In den alten Kulturen vom Indus bis zum Nil müssen Hasen beliebte Jagdobjekte gewesen sein. Von Mohenjo-Daro sind Siegel, Kupferplättchen, Kleinplastiken, Amulette und Tongefäße mit Hasendarstellungen bekannt. Die aus Ägypten stammenden Amulette in Hasengestalt beziehen sich meist auf die Göttin Unut. Hasen in Reihen und einzeln treten häufig auf syrischen Siegeln des 2. Jahrtausends v. Chr. auf. Bei den Hethitern wurde der Hirsch- und Jagdgott Rundas mit einem Adler und dem »Hasenschläger«, einem als Waffe benutzten kurzen Krummstab, dargestellt. In der Antike waren Hasen auf Wandbildern, Keramiken und Gemmen Symbole der Artemis oder Aphrodite. In der frühchristlichen Kunst treten Hasen auf Tonlampen (wohl als Symbol der Kürze des Menschenlebens und der Flüchtigkeit der Zeit) auf. Das Motiv dreier in einem Kreis angeordneter Hasen, deren Ohren in der Mitte ein gleichseitiges Dreieck bilden (Maßwerkfenster in Paderborn), ist vielleicht, wie die Hasendarstellungen in der romanischen Baukunst, ein lunares Symbol. Der Hase ist in der Kunst auch ein christologisches Symbol (u. a. für den verfolgten Christus), kann aber auch das Laster symbolisieren (Luxuria). Seit dem 15. Jahrhundert finden sich Hasen in Mariendarstellungen, u. a. bei A. Dürer (1502). Der volkstümliche Bilderbogen kennt den siegreichen Kampf des Hasen gegen den Jäger, was auf ein mittelalterliches Bild des Sieges der im Hasen symbolisierten menschlichen Seele über den Teufel zurückgeht. Das Motiv lebt noch im »Struwwelpeter« fort. Bis in die Gegenwart ist der Hase Sinnbild für Fruchtbarkeit (Osterhase), Lebens- und Glückssymbol, verkörpert aber auch Furcht und gelegentlich Wachsamkeit; in einigen (z. B. afrikanischen) Kulturen verkörpert er v. a. Hinterlist und Schläue.
 
Darstellungen eines doppelköpfigen Adlers, der in jedem Fang einen Hasen hält, so auf dem Sphinxtor von Alaca Hüyük, lassen vermuten, dass bereits im 2. Jahrtausend v. Chr. mit dem Adler als Beizvogel auf Hasen gejagt wurde. Das Motiv des hasenschlagenden Greifvogels findet sich auch bei den Hethitern und in Persien zur Zeit der Achaimeniden. Bei den Skythen und bei den Kelten erfolgte die Jagd auf Hasen zu Pferde, bei den Indern mit abgerichteten Raubvögeln, bei den alten Griechen dagegen zu Fuß meist mit Windhunden.
 

Universal-Lexikon. 2012.

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